Nachhaltigkeit auf dem Messestand

Dies ist die Fortsetzung eines Beitrags zum Thema Nachhaltigkeit beim Messebau, den Thorsten Kollmeier als Gastautor auf dem Blog des AUMA verfasst hat. Dort setzt er sich mit dem Thema  im historischen Kontext auseinander, zeigt aber gleichzeitig die Chancen auf, die sich durch nachhaltiges Handeln ergeben können. Die Fortsetzung hier ist als kleiner Leitfaden für Unternehmen gedacht, die ihren Messestand möglichst nachhaltig gestalten wollen.  

Das 3-Schritte-Programm von WUM Brand Spaces

A. PLANUNG

1. Nachhaltigkeit fängt früh an. Bereits in der Ausschreibungsphase, nehmen Sie nur drei oder vier Messebauer in den Anbieterkreis. Halten sie ein paar in Reserve falls einer der bevorzugten Anbieter absagt.

a. Abgesehen davon, dass ein Mehr an Angeboten nicht zu bewältigen ist, reduzieren Sie auf diesem Wege Reisekosten und Ressourcen von folgenden Beteiligten:

i. Angefragte Messebauer
ii. Lieferanten der an der Ausschreibung beteiligten Messebauer
iii. Ihr eigenes Team

2. Ein Preisvergleich muss sein und häufig Vorgabe, das steht außer Frage. Jeder an Ihrer Ausschreibung beteiligte Messebauer und eventuell Agentur wird bis zu zehn, oder auch mehr, verschiedene Lieferanten anfragen. Je Projekt UND angefragtem Messebauer. Designleistung, Holzlieferanten, Metallbau, Kunststoffe, Bodenbeläge, Medientechnik, Möbel, Lichttechnik etc. werden seitens der Messebauer angefragt.

Diese Lieferanten fragen eventuell weitere Lieferanten ihrerseits an. Diese Menschen verbrauchen Ressourcen um ein Angebot für Ihre Ausschreibung zu erstellen. Bitte bedenken Sie, dass bereits bei drei beteiligten Messebauern bis zu dreißig Firmen und mehr mit Ihrer Ausschreibung beschäftigt sein könnten.

3. Nachhaltigkeit ist ein Thema, auf das Sie bereits während der Ausschreibungsphase hinweisen sollten.

a. Machen Sie deutlich, dass Wiederverwendbarkeit in der Wettbewerbsphase eine große Rolle spielen wird
b. Sie möchten sich nicht langfristig binden?

i. Sie müssen sich mit einem Messebauer nicht auf mehrere Jahre festlegen, wenn sie die zur Wiederverwendung produzierten Möbel käuflich erwerben. Theoretisch ist daher ein Wechsel zu einem anderen Messebauer im Not- oder Bedarfsfall jederzeit möglich.
ii. Alternativ können Sie auch Möbel aus dem Inventar des Messebauers verwenden.

c. Fordern Sie in Ihren Angeboten z.B. dazu auf, für Lackierungen keine Nitrolacke zu verwenden.

i. Nehmen Sie Lacke mit umweltverträglicheren Lösungsmitteln.

d. Machen sie deutlich, dass auf Verpackungsmaterial wie Stretchfolie verzichtet werden soll. Es gibt Alternativen!
e. Wie und womit organisiert Ihr Anbieter die Transporte?

4. Achten Sie bereits bei den Angeboten der Anbieter auf Nachhaltigkeit.

a. Lassen Sie sich auflisten in welchem Umfang Baugruppen, Möbel und Sondermobiliar wiederverwendet werden können.
b. Lassen Sie Ihr Mobiliar durch den Dienstleister einlagern – auch wenn Sie ihre Messedienstleister über eine oder mehrere Agenturen beauftragen.
c. Bündeln Sie Ihre Agenturlandschaft zum Thema Messebeteiligung auf einige wenige, oder nur einen Anbieter. Auch das schont Ressourcen. Dazu später mehr.
d. Licht muss sein. Aber verwenden Sie ausschließlich LED-Beleuchtung für Ihren Stand.

i. Auch wenn der Strom über eine Pauschale abgerechnet wird, LED verbrauchen weniger Energie!
ii. Professionelle LED-Beleuchtung senkt nicht nur den Stromverbrauch. Sie können diese Strahler in der Regel jeweils einzeln nach Lichtfarben, Helligkeit, Abstrahlwinkel etc. individualisieren. Sie senken also den Stromverbrauch im Vergleich zu herkömmlicher Beleuchtung, z.B. mit HQI-Strahlern, und zum anderen profitieren Sie von einer individuellen und situativen Ausleuchtung.

B. DER MESSESTAND

1. Bodenbeläge. Nutzen Sie langlebige Beläge:

a. Laminate
b. Parkette
c. Sisal
d. Teppichfliesen mit z.B. Ziegenhaar. Das Material mag optisch unpopulär sein, trifft aber hinsichtlich Langlebigkeit den Nagel auf den Kopf und unglaublich praktisch.
e. Linoleum. Ja richtig, das gute alte Linoleum ist ein fantastisches Material für den Messeeinsatz.

2. Wandbau

a. Wenden Sie eine Mischung aus Systembau und geschreinerter Bauweise an. Messestandsysteme sind bezüglich Langlebigkeit und Nachhaltigkeit das ideale Gerüst für einen Messestand, statisch einwandfrei und preiswerter.

3. Grafik

a. Eine der größten Umweltverschmutzungen sind großflächige Drucke. Auch wenn wir hier von Textilien reden sind die verwendeten „Stoffe“ ausnahmslos Kunststoffgewebe. Keins der verwendeten Materialien ist ein Naturprodukt!
b. Sorgen Sie vor und setzen hier aus Gründen der Nachhaltigkeit

i. langlebige beziehungsweise
ii. mehrfach verwendbare Motive ein.
iii. Sind Ihre Motive von einer, thematisch vergleichbaren, Messe zur nächsten nicht mehr aktuell, sollten Sie im Sinne der Umwelt umdenken und die Motive auf Langlebigkeit anpassen und nicht permanent neuen Content drucken lassen.

4. Einlagerungen

a. Vergewissern Sie sich vor Ort ob, wie und wo Ihr Messebauer Ihr Material einlagert. Da sind Sie in der Verantwortung. Es kann sein das die Möbel entsorgt werden wenn Sie die Einlagerung nicht explizit einfordern. Hier werden unnötig Ressourcen verbraucht.
b. Lassen Sie sich immer eine aktuelle Inventarliste inklusive Beschreibung zum Zustand der Möbel geben. Sie können damit die Folgekosten abschätzen und haben eine schriftliche Übersicht welche Möbel im Bestand sind. Im Umkehrschluss wissen Sie, meine Möbel werden nicht immer wieder neu produziert weil es für den Messebauer bequemer ist.

C. LOGISTIK

5. Reise- und Transportkosten

a. Bündeln Sie Transporte von Mensch und Material zur Messe.
b. Versuchen Sie Hotels in der Nähe des Veranstaltungsortes zu finden. Das minimiert den täglichen Reiseaufwand jedes Teilnehmers.

6. Nutzen Sie im Verlauf der Vorbereitung und Abstimmung zur Messe Videokonferenzen mit Desktop-Sharing gerade bei den Kollegen die selten im Haus sind. So können Sie viele Kollegen an den „Tisch“ bringen, Vorschläge besprechen und festigen gleichzeitig den Nachhaltigkeitsgedanken beziehungsweise schonen Ressourcen.

7. Projekt-Gespräche und Meetings mit allen relevanten Entscheidern, Gespräche die inhaltlich strukturiert vorbereitet sind und mit klaren Zielen und fixen Terminen für alle Beteiligten enden, sind ein weiterer Teil im Kosmos der Ressourcenschonung bei Messebeteiligungen. Und leider, man mag es kaum glauben, höchst selten.

8. Meine Frage nach dem Termin zur Abgabe des Konzeptes können die meisten Aussteller konkret beantworten. Die Frage in welcher Woche die Entscheidung getroffen wird, haben nur wenige terminiert. Am Ende kostet es auf beiden Seiten jede Menge Ressourcen da sich die Entscheidung immer weiter in Richtung Realisierungszeitraum verschiebt. Dies führt in letzter Konsequenz zu einem enorm großen Umsetzungsaufwand.

Das Ergebnis verspäteter Entscheidungen ist:

a. Kurzfristige Besuche, erhöhter Planungsaufwand und operative Hektik durch folgende Parteien:

i. Seitens Kollegen des Ausstellers
ii. Seitens des Messebauers beim Aussteller
iii. Seitens der Lieferanten des Messebauers
iv. Seitens der Lieferanten des Ausstellers

b. Kurzfristig bestellte Nachträge. Der Overkill der Nachhaltigkeit und der Budgetgrenze.
c. Nachtschichten auf dem Messestand
d. Mehraufwand an Personal

i. auf beiden Seiten
ii. Im „worst case“ werden Monteure aus ganz Deutschland oder sogar den europäischen Nachbarstaaten zum Messestandort geordert. Das ist nicht selten und durchaus üblich wenn der Markt leergefegt ist.

e. Die folgende Auswahl an Aussagen ist der Untergang jeder Nachhaltigkeitsstrategie und Ihrer Budgetgrenze.

i. Der Messebauer wird’s schon richten.
ii. Es ging ja nicht anders, die Messe lässt sich ja nicht verschieben.
iii. Es wird schon.
iv. Unsere Agentur hat uns hängen lassen.
v. Der Chef, stellvertretend die Kollegen, ist nicht greifbar und permanent unterwegs.

Der Messebau kostet Geld. Jedes Projekt, auch wenn es schon mehrfach mit gleicher Flächengeometrie umgesetzt wurde, ist eine Sonder- oder Individualleistung. Viele Stände sehen für Außenstehende vergleichbar aus, sind aber trotzdem, jedes für sich betrachtet, ein individuelles Projekt.

Billiger werden Messestände nur wenn man bei Qualität, Material, Personal oder den Montagezeiten Kosten senkt. Dieses Vorgehen geht aber immer zu Lasten der Nachhaltigkeit, der Langlebigkeit und verläuft zu Ungunsten einer lang andauernden Beziehung zwischen Messebauer und Aussteller.

Mein Appell an Sie als Aussteller, hinterfragen Sie nicht nur die Beziehung zu Ihrem Messebauer und den Preis den Ihr Anbieter dafür aufruft. Gehen auch Sie beim Thema Nachhaltigkeit aus der „Commodity-Zone“ heraus. Je eher Sie damit beginnen umso besser. Denn der Gesetzgeber wird in Kürze Ihr Engagement bei Nachhaltigkeit und CSR proaktiv von Ihnen einfordern – auch was Ihre Messen angeht.

Nutzen Sie die Möglichkeit Ihre Messebeteiligung um eine Nachhaltigkeitsberechnung der FAMAB Stiftung durchzuführen, oder bitten Sie Ihren Messebauer dies für Sie zu tun. Im Anschluss können Sie den errechneten Betrag spenden und mit einem durch die Spende erworbenen Verifikat auf Ihrem Messestand werben.

Ganz gleich was Sie tun, und selbst wenn Sie nur ein wenig zum Umweltschutz beitragen können, tun Sie es. Jeder noch so kleine Baustein trägt nachhaltig dazu bei weniger Ressourcen zu verbrauchen.

Vielen Dank für Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen noch viele erfolgreiche, und jetzt auch nachhaltige, Messen. Sprechen Sie mich gerne jederzeit an, sollten Sie zu diesem oder zu anderen Themen Antworten benötigen. Oder Sie schreiben mir eine Mail an [email protected].

Über die Autorin / Über den Autor

Leiter Neukundengewinnung

Thorsten Kollmeier ist seit über 30 Jahren in allen Kompetenzfeldern des Messebaus tätig. Bei seiner Tätigkeit als Leiter Neukundengewinnung bei WUM Brand Spaces GmbH & Co. KG steht er in permanentem Austausch mit Kunden, Geschäftspartnern und Institutionen.

Sein berufliches Wissen fließt sowohl in in redaktionelle Beiträge ein als auch als Referent bei Schulungsformaten und in Vorträgen, auf Kongressen sowie Messen. Nachhaltigkeit, der Themenkomplex CSR und Digitalisierung bilden in Zusammenhang mit der dreidimensionalen Markenkommunikation Schwerpunkte, die sich in seinen Tätigkeiten widerspiegeln.

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